Von Kirchen, Parkhäusern und Euro-Krise

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Die  Sommerveranstaltung des immpresseclubs, am 31. Mai 2012, spannte auch diesmal einen breiten Bogen der Themen und Referenten. 40 Immobilienjournalisten waren nach München gekommen. Der Reigen der Referenten reichte von IVG-Vorstandsvorsitzendem Professor  Wolfgang Schäfers mit „IVG-Thema“ über einen der renommiertesten Schweizer Bankökonomen, Dr. Jan Amrit Poser, zum Euro-Thema aus Schweizer Sicht, Oliver Porr als VGF-Präsident zur Zukunft Geschlossener Fonds bis zu den Spezialthemen „Parkhäuser“ mit Thomas Grüttner und Denkmalschutzinvestitionen in Sakralbauten mit Georg Wilms.

Die „Überraschungssieger“ des Tages im Referentenranking waren die Sonderthemen „Immobilie Parkobjekt“ von Q-Park Managing Director Thomas Grüttner und „Die Sakralimmobilie – „Vom Kulturgut zum Wirtschaftsgut?!“ von Georg Wilms, GF der Schleiff Denkmalschutzentwicklung, den wir als Mipim-Award-Nominierten im März kennengelernt hatten. Beide referierten einmal abseits des üblichen Mainstreams mit Begeisterung zu ihren Nischenmärkten, die im Rahmen eines sich verändernden Marktes durchaus auch als Investment-Themen für Privatanleger und Institutionelle Bedeutung gewinnen.

Thomas Grüttner, GF Q-Park zeigte, wie man heute wirtschaftlich Parkhäuser betreiben kann. Grüttner sieht die Aufgabe des Parkhaus-Managements zukünftig nicht nur in der Bereitstellung von Parkraum, sondern vielmehr auch als Dienstleistungsanbieter rund um das Thema Parken. Auch der Ausbau gebührenpflichtiger Parkplätze steht ganz oben auf der Agenda. Der Markt ist riesig. Von 300 Mio. Parkplätzen in Europa sind lediglich 3,6% gebührenpflichtig. Europäische Steuerzahler steuern jährlich 150 Mrd. Euro zum Betrieb von Parkplätzen bei. Da bei Parkhäusern an guten Standorten die Parkgebühr stetig steigen, ist dies Chance für einen Immobilieneigentümer, der am langen Ende, egal in welcher Assetklasse, nur verdient, wenn es gelingt, die Einnahmen zu erhöhen. Deutsche Parkhäuser sind bei den Parkplatzpreisen im europäischen Vergleich heute noch am unteren Ende und böten viel Potenzial.

Parken, Beten, Arbeiten, Singen und Euro-Desaster
Wussten Sie schon, dass die Nachhall-Zeit einer Kirche von acht Sekunden für einen Chor ideal, aber im täglichen Büroalltag eher hinderlich ist. Das lernt man beim Umbau einer Kirche in ein Büro. Schleiff-GF Georg Wilms gab einen Einblick in die Probleme beim Umbau von Kirchen. Wilms zeigte an beeindruckenden Beispielen, was man heute aus alten Kirchengemäuern machen kann. So ist von Büronutzung bis hin zur Wohnraumnutzung alles möglich. Allerdings ist der wirtschaftliche Gedanke weniger der Treiber der Umnutzung, sondern häufig mehr die persönliche Verwirklichung von Investor oder Architekt, denn der Umbau einer Kirche übersteige die Abriss und Neubaukosten oftmals, so Wilms, und bei anschließender Neuvermietung zu 4,80 Euro den Quadratmeter erübrigt sich eine Excel-Tabelle. Das funktioniert nur im Zusammenspiel aller Beteiligten, Förderung und Denkmalschutz.

Dauerbaustelle IVG im Turnaround

Kernthema der Veranstaltung war naturgemäß die IVG, deren neuer VV Professor Wolfgang Schäfers zu einer Art „Antrittsbesuch“ vor die versammelte deutsche Immobilienjournalistenszene trat. Die IVG kundschaftet im Moment die Tiefen des Börsengeschehens aus (siehe Artikel C. Ries, Seite 14 unter http://www.rohmert-medien.de/wp-content/uploads/2012/06/Der-Immobilienbrief-Nr-272.pdf ). Amtsvorgän- ger Dr. Gerhard Niesslein hatte es Mitte 2009 geschafft, die Immobilienjournalisten für die aus externer Sicht unerwartet hohen Probleme der IVG zu sensibilisieren und sich für die Sanierungs-Kernarbeit ein wenig Ruhe zu verschaffen. Wer jetzt nach drei Jahren eine abgeschlossene Sanierungsmeldung und ein Feuerwerk strategi- scher Perspektiven erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die IVG befindet sich nach wie vor im Sanierungsmodus. Die IVG werde sich verändern (müssen). Das sei aber eine Aufgabe von 5 Jahren oder auch mehr. Das macht das Paradoxon deutlich, dass die IVG ohne die Krise wohl kaum überlebt hätte. Das war nur möglich über den krisenbedingten Zusammenhalt und vor allem die niedrigen Zinsen.
Zwar sei der Turnaround unter der Voraussetzung weiterhin niedriger Zinsen geschafft, aber der Veränderungsprozess müsse weitergehen. Details zum Zahlenwerk siehe unter Der-Immobilienbrief-Nr-272.pdf

Bei einer 5-Jahres-Turnaround-Periode befinde sich die IVG im Jahr drei. Squaire-Abschreibungen seien nun Vergangenheit. Kritiker unter den Journalisten kann Schäfers im nächsten Jahr selbst überzeugen, wenn die Sommerveranstaltung des immpresseclubs im „The Squaire“ stattfinden könnte.

Euro und (k)ein Ende
Die immpresseclub-Organisation hoffte, nach der Sinn- und Sarrazin-geprägten Diskussion um den Euro mit dem renommierten Chefökonom der Schweizer Gruppe Bank Sarasin, Dr. Jan Amrit Poser, Entwarnung zu hören. Hoffnungsfrohe wurden enttäuscht. Ein Ausstieg Griechenlands hätte für Deutschland und Europa schwerwiegende Folgen. „Wenn der Euro auseinander bricht, wäre auch Nordeuropa bankrott“, so das Fazit Posers.
Bleiben wir also optimistisch. Dennoch liegt ein Jahrzehnt des Schuldenabbaus vor uns. Deleveraging wiederum macht aber die Konjunktur verwundbar. Kein Paradies für die finanzierungs- und nutzerabhängige Immobilienwirtschaft auf der einen Seite, ein Paradies für die Immobilien-Kapitalanlage auf der anderen Seite.

Hier einige Impressionen der Veranstaltung und ihrer Teilnehmer:

Text: Werner Rohmert, Vorstandsvorsitzender immpresseclub e. V.;
Fotos: Falk von Schönfels